Den nachfolgenden Bericht habe ich noch in SIERRA LEONE einen Tag vor meinem Rückflug nach Deutschland am 5.4.2020 verfasst.

 

Das Corona-Virus hat sich inzwischen zu einer Pandemie entwickelt und sich in der ganzen Welt verbreitet. Die Welt ist aus den Fugen geraten. Bei meiner Ankunft am 18.1.2020 hier in Sierra Leone war Corona kein Thema und die augenblicklichen Zustände waren nicht zu erwarten.

 

Meine Planungen noch ein paar Tage vor Abflug waren, ausschließlich Arbeiten im Rahmen des Brunnenbaues durchzuführen. Dafür hatten wir auch großzügige Spenden von Stiftungen erhalten. Nicht ganz ohne Vorabinformation, doch zu diesem Zeitpunkt noch unverhofft wurde auch eine besondere Spende von einer Bewohnerin aus Köln auf unser Vereinskonto überwiesen. Sie hatte uns bereits in den vergangenen Jahren mehrfach unterstützt. Ihr Wunsch war, dass wir in LOKOMASSAMA wieder eine Gesundheitsstation und auch eine Schule bauen. Wegen des doch engen Zeitrahmens und der allgemein kritischen Lage auf dem lokalen Gesundheitssektor hatten wir entschieden, erst einmal mit der Krankenstation im Dorf BUNDULAI zu beginnen. Neben den ursprünglich nur eingeplanten 2 Brunnenbauer-Teams, konnte ich nun zusätzlich 10 Maurer, 2 Schreiner/Dachdecker und mehrere Helfer einstellen, die zumindest während der Bauzeit Lohn zur Versorgung ihrer Familien erhalten.

 

Mit den nachfolgenden Fotos möchte ich Ihnen einen Eindruck über unsere bisherige Arbeit vermitteln, die aber besonders in den letzten Wochen durch den Corona-Virus beeinflusst wurde. Hier in SIERRA LEONE hatten die Menschen vor wenigen Wochen eigentlich noch nicht so recht wahrgenommen, was in der Welt passiert. Nur Interessierte haben inzwischen über Internet und andere Medien Details erfahren. Mehr und mehr Menschen machen sich nun aber Gedanken darüber, was in Europa und auch in den USA passiert. Und dass bei Verschlechterung der Lage hier in SIERRA LEONE nicht mehr die Hilfe aus dem hauptsächlich westlichen Ausland zu erwarten ist, wie sie im Jahr 2015 noch bei EBOLA erfolgte. Das Gesundheitswesen im Lande ist seit Jahren in desolatem Zustand und wird mit Sicherheit keine große Rolle spielen.

Am 24.3.2020 rief schließlich der Staatspräsident wegen Corona-Virus den Notstand („State of Emergency“) aus verbunden mit späteren weitreichenden Maßnahmen.

 

Weltweit hatte sich inzwischen die Lage dramatisch verschlechtert. Es wurden vom Auswärtigen Amt in Deutschland für viele Touristengebiete Rückholflüge organisiert und auch erfolgreich durchgeführt. Ein erster Versuch in der Woche ab 23.3.2020 auch für SIERRA LEONE einen Rückholflug mit Brussels Airlines zu organisieren schlug aus welchen Gründen auch immer fehl. Ich hatte mich daraufhin aus LOKOMASSAMA zurückgezogen und war nach FREETOWN zurückgekehrt, um keinen Termin für einen möglichen Rückflug zu versäumen. Im Projektgebiet hatten wir alle Brunnenarbeiten eingestellt und die Brunnenbauer auch beim Bau der Gesundheitsstation in BUNDULAI eingesetzt.  Der Pumpenmechaniker führte mit Helfer nur noch einzelne Wartungs- und Reparaturarbeiten an Handpumpen durch. Ich hatte noch umfangreiches Material zur Baustelle in BUNDULAI transportiert, sodass dort weitergearbeitet werden konnte. Wichtig war, dass noch die Dächer auf die beiden Hauptgebäude gebaut werden, um Schäden während der kommenden intensiven Regenzeit zu vermeiden. Das Behandlungsgebäude haben wir inzwischen unter Dach. Das Wohnhaus für die Krankenschwestern steht kurz davor. Leider konnten wir die beiden Gebäude nicht mehr soweit herrichten, dass ein Umzug von der alten Station zur neuen sinnvoll gewesen wäre. Das müssen wir auf einen späteren Zeitpunkt nach Corona verschieben.

 

Am Ende meiner Fotoreihe möchte ich noch an Lothar Iwanowski erinnern, der am 1. Februar 2020 verstorben ist. Er hat dem Verein viele Jahre wertvolle Dienste geleistet. Wir werden ihn stets in dankbarer Erinnerung behalten.

 

 

Verfasser: Manfred Stede, Projektkoordinator für den HfL e.V. in LOKOMASSAMA

 

Die bestehende alte Gesundheitsstation (CHP) im Dorf BUNDULAI

 

Blick von der höher gelegenen stark befahrenen Durchgangsstraße auf das aus Lehm gebaute ehemalige Wohnhaus, in dem alle nachfolgend beschriebenen Räume untergebracht sind.



Eine der beiden Krankenschwestern bei der „Büroarbeit“ im Flur und an der Kinderwaage im engen einzigen Behandlungsraum. Die Kühltruhe gehört zu einer solarbetriebenen Kühleinrichtung, die aber seit langer Zeit nicht mehr funktioniert. Impfstoffe und andere kühl zu lagernde Medikamente wurden in eine weiter entfernte Gesundheitsstation ausgelagert und müssen dort zum Einsatz abgeholt werden. 

Der spartanisch eingerichtete Entbindungsraum und der Wohn- und Schlafraum von einer der beiden Krankenschwestern. Die Aufnahmen in den sehr niedrigen Räumen wurden zur Aufhellung mit Blitzlicht gemacht. Behandlungen werden meist bei Taschenlampenlicht durchgeführt. Die lückenhafte Deckenverkleidung gibt oft den Blick frei auf die verrosteten und durchlöcherten 

Dachbleche. 

Bau der neuen Gesundheitsstation (CHP) im Dorf BUNDULAI

Das Dorf BUNDULAI liegt an einer verkehrsreichen Durchgangsstraße. Parallel dazu verläuft eine Eisenbahntrasse, auf der früher Eisenerz aus dem Landesinneren zu einem Verladehafen transportiert wurde. Das CHP-Baugelände liegt abgesetzt in natürlicher Umgebung. 

Kurz nach unserer Entscheidung für den Standort der Station hatten die Dorfbewohner von BUNDULAI zusammen mit mehreren umliegenden Dörfern den Bauplatz bereits grob vorbereitet.

Am 5.2.2020 war Baubeginn und eine Woche später waren bereits die Fundamente für das Behandlungsgebäude gesetzt. Im Hintergrund werden die Fundamente für das Doppelwohnhaus vermessen und markiert. 

Gleich am ersten Arbeitstag erschien die aus älteren Frauen des Dorfes bestehende „Küchenbrigade“, die unsere Arbeiter einmal am Tag und immer mit einem Reisgericht versorgt.

Parallel zu den Bauarbeiten stellen die Brunnenbauer die Betonringe her und fördern bei der Vertiefung des Brunnenschachtes verschiedenfarbige Erdschichten zu Tage. 

Während das Behandlungsgebäude im Hintergrund schon weit hochgemauert ist, werden im Vordergrund die Fundamente für das Doppelwohnhaus gebaut. 

Ein Blick am 13.3.2020 von der Straßenseite auf das weitläufige Gelände der zukünftigen neuen Gesundheitsstation. Der 11 m tiefe Brunnen (links im Bild) ist seit dem heutigen Tag in Nutzung. Auf dem Behandlungsgebäude sind bereits die ersten Dachsparren installiert. Wenn in ein paar Tagen die Dachbleche angebracht sind, kann mit dem Innenausbau begonnen werden. Der Bau des Doppelwohnhauses (im Hintergrund) macht weiter gute Fortschritte. 

 

Am 20.3.2020 war das Dach des Behandlungsgebäudes gedeckt und es konnte mit dem Einbau der Türen und Fenster und anschließend mit dem Verputzen der Innenwände begonnen werden. 

 

Gleichzeitig wurde am Wohnhaus weitergebaut, sodass in ein paar Tagen auch hier mit dem Aufbau des Dachstuhls begonnen werden kann. Wir wollen auch dieses Gebäude noch vor Beginn der Regenzeit mit einem soliden Dach schützen.  

Der HfL e.V. hat einen guten Freund und tatkräftigen Unterstützer verloren. 

Wir haben Lothar viel zu verdanken. Mit den von ihm in vielen Jahren gesammelten Geld- und Sachspenden  haben  wir  den  vernachlässigten  insbesondere  jungen  Menschen  in LOKOMASSAMA  immer  wieder  viel  Freude  bereiten  können.  Wir  werden  uns  gerne  daran erinnern. 

Wir hatten 2017 im Dorf MANANGBE einen Brunnen gebaut und diesen Brunnen Lothar für seine langjährigen und vielfältigen Aktivitäten zur Unterstützung unserer Projekte in LOKOMASSAMA mit einer Plakette an der Handpumpe gewidmet. 

Ich bin am 14. Februar 2020 mit einigen unserer lokalen Mitarbeiter in das Dorf gefahren. Dort sprach der Imam des Dorfes das traditionelle Freitagsgebet unter Teilnahme der Dorfbewohner zur Erinnerung an Lothar nicht wie üblich in der Moschee, sondern an dem Lothar gewidmeten Brunnen. Anschließend haben wir gemeinsam noch eine Gedenk-Minute eingelegt. 

 

 

Am 5.4.2020 hat die Fluggesellschaft Brussels Airlines den vom Auswärtigen Amt in Berlin und der deutschen Botschaft in FREETOWN organisierten „Rückholflug für deutsche Reisende (und für andere EU-Bürger), die in SIERRA LEONE gestrandet sind“ durchgeführt. Weitere Passagiere wurden bei einem Zwischenstop in MONROVIA/Liberia aufgenommen. Zurück in Deutschland wurde ich regelmäßig aus LOKOMASSAMA per Handy über den weiteren Arbeitsfortschritt in BUNDULAI informiert. Ich erfuhr, dass trotz landesweiter Ausgangssperre die Arbeiten  zügig  vorangingen.  Unter  verantwortungsvoller  Anleitung  und  Aufsicht  der  beiden CORD-Ältesten – Pumpenmechaniker Dauda und healthworker Alie - wurden die Arbeiten bis Mitte April fortgeführt.  

 Auch das Wohnhaus für die Krankenschwestern (hinten im Bild) ist nun vor Beginn der Regenzeit gut geschützt.   

Der zur Gesundheitsstation gehörende Brunnen war bereits Mitte März funktionsfähig und versorgt seitdem auch die Dorfbewohner mit sauberem und kühlem Trinkwasser.